Yoga in Bonn - Naivität, Unternehmerinnen-Denken und Konkurrenzfähigkeit
Neulich kam mir ein wichtiger Moment zu Beginn meiner Selbstständigkeit – und somit dem Grundstein für Flowing Moms – in den Sinn, über den ich heute, sechs Jahre später, nicht mehr ganz so fluffig schmunzle wie damals, aber ihn gleichmütig und dankbar erinnere:
Damals saß ich bei der Bonner Wirtschaftsförderung und unterhielt mich mit einem sehr freundlichen und kompetenten Herren über meine Gründung als selbstständige Hatha Yoga-Lehrerin in Bonn. Wir besprachen meinen Businessplan und wägten Chancen und Risiken ab; was man eben so tut, wenn es ernst wird und man den Sprung ins lauwarme Wasser wagt.
„Frau Beyer“, sagte er und räusperte sich bedeutungsvoll, „Sie sollten vorsichtig sein bei dem Vorhaben, sich im Krankheitsfall von anderen Lehrern vertreten zu lassen! Diese Lehrer könnten Ihnen Schüler abwerben!“ Vor meinem inneren Auge flogen die beiden wunderbaren Yoga-Lehrerinnen vorbei, denen ich damals in Ausnahmefällen meine Schülerinnen anvertraue und ich erwartete ein ungutes Gefühl, aber es kam keines auf.
Vielleicht mangelt es mir noch etwas an Unternehmergeist?
Ja, Bonn war satt. In dieser Stadt gab es schon damals einen unglaublich großen und breit gefächerten Yoga-Markt. Yogis haben hier die Qual der Wahl zwischen einigen sehr gefestigten, langjährigen Yogastudios, vielen kleinen und individuellen Yoga-Räumen, Open-Air-Yoga, VHS-Kursen, Yogakursen in Tanz- oder Fitnessstudios, Hebammenpraxen und Familienzentren. Und dank des Urban Sports Club, der seinen Abonnenten ermöglicht, an vielen verschiedenen Sportangeboten ohne Mitgliedschaft teilzunehmen, müssen sie sich noch nicht mal auf einen Anbieter festlegen.
Und dann kam ich daher. One-Woman-Yoga-Show. Neu auf dem Bonner Yoga-Markt, mit ein paar Flyern in der Hand. Ohne eigene Räumlichkeiten, ohne Online-Buchungs-Tool, ohne tägliche Social Media Posts. So gesehen … mir tropfte der Angstschweiß von der Stirn.
Als mein Mann Christian zu mir sagte: „weißt Du was, mach doch einfach mal Dein Ding! Mach doch einfach mal nur Yoga!“, habe ich ihn nicht ernst genommen. Es schien mir völlig unrealistisch, alleine von Yoga-Unterricht zu leben. Damals habe ich mich als „Eine von Vielen“ gesehen, die im großen Bonner Yoga Pool kaum Chancen haben wird, Fuß zu fassen.
Den ersten Kurs habe ich dann mehr aus Spaß ins Leben gerufen, den zweiten als willkommenen Nebenverdienst. Nach einem Jahr waren es fünf Hatha Yoga-Kurse in der Woche. Im September 2018 sollten es schon sieben sein.
Wie ist es dazu gekommen, wo ich die Idee, als selbstständige Yoga-Lehrerin zu arbeiten doch selbst nicht ernst genommen hatte? Woran liegt es, dass sich meine Yogakurse trotz meiner vermeintlich schlechten Aussichten füllten? Woran liegt es, dass ich bei dem Gespräch mit meinem Berater keine Angst vor Konkurrenz hatte?
Das liegt an mir.
Wer mich kennt, der weiß, dass mir Größenwahn fern liegt. Ich halte mich selbst nicht für die weltbeste Lehrerin und freue mich, immer weiter lernen zu dürfen. Aber was ich in meine Stunden hinein gebe, das bin ich, ganz authentisch. Mit all meiner Kreativität, die ich in jeden Stundenaufbau hinein gebe, meinem Anspruch, mich von Woche zu verbessern, mit meiner Herzlichkeit und meiner Freude über den guten Kontakt zu meinen Yoga-Schülern.
Alle Teilnehmerinnen, die ich seit meinem ersten Kurs kennenlernen durfte, sind geblieben, weil die Chemie stimmte, weil sie mich als Lehrerin mögen, meine Art zu Unterrichten ihnen gut tut oder weil sie sich einfach bei mir wohl fühlen.
Und ich glaube, darum geht es beim Yoga-Schüler-Yoga-Lehrer-Verhältnis: Es muss einfach passen. Und wenn ein Schüler nicht zu mir passt, oder ich nicht zu ihm, dann darf er weitersuchen, bis er seinen Lehrer gefunden hat – vielleicht ja sogar einfach in unserem gewachsenen Flowing Moms Team!
Deswegen habe ich keine Angst vor Konkurrenz.
Ein gesundes Miteinander in der Bonner Yoga Community
Ich habe gelernt, dass es auch in der Yoga Community in Bonn „menschelt“. Dennoch glaube ich fest daran, dass ein gesundes Miteinander auf Augenhöhe der beste Weg ist, YogaschülerInnen und LehrerInnen in einem größeren Zusammenhang zu sehen und die Community zu stärken.
Vertrauen und Selbstvertrauen in der Yoga-Community
Ein wichtiger Aspekt meiner Entwicklung war die Erkenntnis über meine Fähigkeiten und meinen Wert als Yoga-Lehrerin. Durch meinen Einsatz und meine Authentizität habe ich Vertrauen in meine Arbeit und Selbstvertrauen gewonnen. Besonders in den Bereichen Yoga in der Schwangerschaft, Vinyasa Yoga und Rückbildungs-Yoga habe ich meine Stärken entdeckt und weiterentwickelt.
Von der One-Woman-Show zum eigenen Studio
Meine Selbstständigkeit als Hatha Yoga-Lehrerin hat sich zu einem vollwertigen Yogastudio entwickelt, das mit eigenen, wunderschönen Räumlichkeiten und einem großartigen Team aus Lehrerinnen aufwartet. Dank der Zusammenarbeit mit einer Vielzahl an Unternehmerinnen im Bereich der Müttergesundheit konnte Flowing Moms seine Präsenz in Bonn festigen und eine vielfältige Yoga-Community etablieren. Auf diesem Weg haben mich zahlreiche Frauen der Bonner Yoga-Szene unterstützt, sei es durch ermutigende Gespräche oder konkrete Tipps und Empfehlungen. Wie hätte ich davon profitieren können, wenn ich mich von Anfang an durch Konkurrenzgedanken verschlossen hätte? Das wäre wirklich schade gewesen, ganz nebenbei bemerkt!
Der Herr von der Wirtschaftsförderung mochte mich für altruistisch oder naiv halten. Doch ich packte meine Ellbogen einfach wieder ein und lächelte: „Wenn das so ist, dann ist das so. Aber ich glaube, das wird schon gut gehen.“